ELO im Dialog – 2025

von Redakteur

„Künstliche Intelligenz und Schule“ – Folgeveranstaltung innerhalb einer Kurzreihe rund um KI

Anders als im Vorjahr, als ethische Fragestellungen im Mittelpunkt standen, lag der Fokus diesmal auf dem Bildungsbereich.

Dem Publikum aus sämtlichen Bereichen der Schulgemeinde sowie von benachbarten Bildungseinrichtungen standen bei dem Event am 19.5.2025 um 19 Uhr in der ELO-Halle drei ehrenamtliche Mitglieder von „KI macht Schule“ Rede und Antwort, einem gemeinnützigen Unternehmen, dessen Zielsetzung ist, Wissen über die Grundlagen und Anwendungsbereiche von KI in die Schulen zu bringen und ethische Fragestellungen zu diskutieren. Moderiert wurde die Veranstaltung souverän von Elo-Kollegiumsmitglied und KI-Interessiertem Martin Zintler.

Die Expertenrunde von „KI macht Schule“ wurde gebildet aus der Geschäftsstellenleitung Süd, Hanna Dohmen, dem Leiter der Lokalgruppe Hessen, Leon Panfil, sowie dem Data Architect André Syndikus. Sie brachten Fachwissen unter anderem aus den Bereichen Informatik, Neuro-Informatik, Maschinelles Lernen sowie den Bildungswissenschaften ein.

In einem Vortrag erörterten sie zunächst, welche Möglichkeiten und Chancen die Integration von KI in den Schulalltag bietet und gaben Einblicke in mögliche Wege, die nötigen Kompetenzen und den verantwortungsvollen Umgang mit KI in der Schule zu fördern.

Dabei wurde zunächst dargestellt , was KI eigentlich ist und wo sie Alltag des gegenwärtigen Zweiten Maschinellen Zeitalters überall zu finden ist (z.B. in sozialen Medien, personalisierter Werbung, Gesichtserkennung, Fahrassistenz-Systemen und vielem mehr).

Anschließend wurde der Frage nachgegangen, wie KI Schule und das Lernen verändert.

In diesem Kontext bestünden zahlreiche Sorgen und Ängste, z.B. dass KI Lehrkräfte überflüssig mache, das eigenständige Denken aussterbe, Hausaufgaben nur noch per Chat GPT erledigt würden, Desinformationen sich ungeregelt verbreiten oder bald nur noch KI über Noten und damit Zukunftschancen entscheide.

Eine Werteabwägung finde in der Gesellschaft statt in Bezug auf den Umgang mit KI, ohne dass dieser rechtlich geregelt sei.

Trotz der aufgezeigten Bedenken beantworteten Hanna, Leon und André – wie das Publikum sie zwanglos adressieren durfte – die eingangs aufgeworfene Frage „KI und Schule - Muss das sein?“ mit einem entschiedenen „Ja!“: KI werde unser gesellschaftliches Leben und die Arbeitswelt verändern, die Menschen müssten sich damit auseinandersetzen und KI-Nutzung in der Schule berge vielfältige Chancen. Die Frage, die sich stelle, sei daher nicht, ob KI und Schule vereinbart werden sollte, sondern wie.

KI-Nutzung in der Schule gehe natürlich mit Herausforderungen einher, die gelöst werden müssten, z.B.:

  • Brauchen wir noch Hausaufgaben, wenn KI alles macht?

  • Brauchen wir noch bestimmte Skills, wenn KI-Tools „Skills-Skipping“ ermöglichen kann, also das Umgehen des eigentlichen Lernprozesses durch die Nutzung von KI-Tools ?

  • Wie lassen sich Deep Fakes und Falschinformationen umgehen?

  • Wie können rufschädigende Effekte vermieden werden?

Die für das Publikum besorgniserregendste Tendenz in diesem Kontext war das „Skills-Skipping“, gegen das auch die Expertenrunde deutliche Position bezog: Dies gelte es zu verhindern, da der Lernprozess im Zentrum nachhaltiger Bildung stehen müsse und nicht das Endprodukt. Daher sollten Schüler und Schülerinnen KI nicht nutzen, um diesen Prozess zu überspringen und dadurch die Möglichkeit verlieren, ihre Fähigkeiten zu entwickeln.

Unbestritten sei allerdings, dass KI in der Schule vielfältige Chancen eröffne:

  • Basierend auf Blooms 2-Sigma-Problem (deutliche Leistungssteigerung von Schülern bei Einzelunterricht und gezieltem Feedback) biete KI die Möglichkeit, „intelligente tutorielle Systeme“ bereitzustellen und dabei die Erfahrung des Einzelunterrichts mit einem menschlichen Tutor zu simulieren. Ein Vorteil sei dabei, dass diese Tutorsysteme mehr Schülern zugänglich wären als der traditionelle Nachhilfeunterricht. Aktuelles Beispiel sei Bettermarks, ein intelligentes Tutorielles System für Mathematik. Auch in der Sprachförderung würden solche Systeme sehr erfolgreich eingesetzt. Diese KI-basierten Systeme könnten sowohl der individuellen Leistungsförderung dienen als auch einer Aufholforderung, da die Aufgaben jeweils auf den Schüler zugeschnitten würden und der Tutor beim Lösen Tipps gebe. Damit könne KI nicht nur den Betreuungsschlüssel, sondern auch soziale Ungleichheiten ausgleichen.

  • KI könne auch die Lehrkräfte unterstützen, indem z.B. Arbeitsblätter per Chat GPT je nach

Leistungspotenzial des betreffenden Schülers angepasst werden oder qualitativ,

pädagogisch oder didaktisch bewertet werden könnten. Es müssten allerding noch einheitliche Nutzungs-Leitlinien geschaffen werden, da z.B. zurzeit ein Lehrwerk nicht legal als Input für Chat GPT benutzt werden dürfe.

Im Anschluss an den etwa 30-minütigen Vortrag fand eine Diskussion statt, in der das Publikum seine Fragen, Bedenken und Anregungen einbringen können und dies auch rege tat.

Fragen und Bedenken betrafen unter anderem:

  • Gibt es die Gefahr, dass Chat-Bot-Informationen veraltet sind?

  • Kann KI wirklich soziale Ungleichheiten ausgleichen, wenn dadurch nur Kinder profitieren, deren Eltern selber KI benutzen?

  • Die Wahrnehmung aus Eltern-Sicht ist, dass ca. 90 % der Schüler KI zum Skill-Skipping nutzt – besteht nicht die Gefahr, dass Schüler ganz vieles NICHT lernen?

  • In welchen Klassenstufen sollte man KI in der Schule einsetzen?

  • Wie ist den Betrugsmöglichkeiten durch die unautorisierte Nutzung von KI im Unterricht oder bei Leistungskontrollen Einhalt zu gebieten?

  • Wie sollte man sich als Lehrkraft positionieren?

  • Brauchen wir überhaupt noch Lehrkräfte?

Diesen Sorgen begegneten Hanna, Leon und André durch zahlreiche Praxisbeispiele und Anregungen: Da der Fokus auf den Lernprozess gelegt werden sollte, sei die Frage berechtigt, wie sinnvoll z.B. Hausaufgaben noch seien. Bereits jetzt lieferten ausgewählte KI-Schulen in Hessen alternative Vorgehensweisen, z.B. Klausuren und Benotungen umzudenken und den Lernenden Kompetenzraster bereitzustellen, mit deren Hilfe Kompetenzen entwickelt und erworben werden könnten. Klausuren selbst würden dann oft nur in Form von Multiple-Choice-Tests gestaltet.

Unerlässlich bei der Benutzung von KI sei auch die Fähigkeit zum richtigen „Prompten“, also dem angemessenen Erstellen von Anweisungen oder Fragen (Prompts) an ein KI-Modell.

Der wiederholt angesprochene Frust - auch von Seiten der Schüler im Publikum - wegen den in der Praxis ständig auftretenden Betrugssituationen mit KI könne durch ein Handy- und Digitalverbot an Schulen und stattdessen die gezielte Integration von KI in den Unterricht begegnet werden.

Manche Fragen mussten die Experten dabei offen lassen, beispielsweise die, ab welcher Klassenstufe KI im Unterricht eingesetzt werden sollte – dies müssten bildungswissenschaftliche Studien ermitteln.

In Bezug auf die Frage „Brauchen wir noch Lehrkräfte?“ allerdings herrschte Konsens: Kein KI-Tool könne die pädagogische und empathische Rolle einer Lehrkraft einnehmen oder deren soziale Kompetenzen ersetzen.

Vom Publikum geäußerte Anregungen bzw. Wünsche betrafen besonders die folgenden Aspekte:

  • Schüler sollten in der Schule Selbsteinsicht lernen und auch, die richtigen Fragen zu stellen

  • Schule sollte den Umgang mit KI vermitteln, statt dies aufs Elternhaus zu verlagern, und damit auch berufsvorbereitend wirken.

Klar wurde: KI ist ein gutes Hilfsmittel. Man kann dadurch besser und schneller lernen.

Die Zeit schien angesichts des lebhaften Austauschs zum Thema regelrecht zu verfliegen, sodass die ursprünglich anvisierten 60 Minuten für die Veranstaltung nicht ausreichten und Moderator Martin Zintler nach fast zwei Stunden zum Bedauern der Anwesenden ankündigte: „Nur noch eine letzte Frage“.

Kein Wunder also, dass nach Ende des offiziellen Teils noch einige Gesprächsgruppen beisammen standen und ersichtlich war: Das Thema „KI“ ist noch lange nicht abgehandelt.

Christina Waltz, Zuständige für „Elo im Dialog“

Fotos Lisa Martin, Q2

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